Freibeet
1.-31. Oktober 2020
Susann Toggenburger

Was möchte ich denn hier überhaupt? Das Angebot des Lattich hat mich mitten im Sommer gelockt. Und nun?

Nun will ich in die leere Kiste hocken und mit ihr in Kontakt treten. Hören, ob die Oberflächen, Farben und Materialien, die Umgebung mir etwas zu sagen haben.
Entgegen meiner ersten Idee, meine Zeichnungen einfach in den Container mitzubringen und da weiter zu forschen, wo ich stehengeblieben bin, sitze ich hier erstmal tatenlos und horche. Werden die fremden Geräusche aus den Nachbarboxen oder die sichtbaren Nutzerinnen der Container das Thema? Oder ist es der Garten auf dem gegenüberliegenden schägen Bahnport, der von Flüchtlingen abgeerntet und beackert wird? Sind es die Farben, die Lattich ausmachen? Oder wähle ich den Rückzug und nutze die 12 Freibeet-Nachmittage, um mir selber auf die Finger zu schauen?
Ich entscheide mich, alleine mit der Kiste zu bleiben. Vorhandene Zeichen von ihr aufzunehmen, zu verstärken, zu verdichten, zu verändern, und umformen mit meinen zeichnerischen Mitteln.

Bewusst lasse ich jeweils alles liegen und stehen am Ende eines Nachmittages, wenn ich abschliesse… um dann, das nächste Mal, wenn ich den Schlüssel im Schloss drehe, wieder mit dem Gespräch weiter zu machen. Und immer bringe ich einen situativen neuen Blick mit, der mir weitere Schritte in die Weite des Containers ermöglicht.
Der zeichnerische Dialog überdeckt bald einen grossen Teil der Pressholzplattenstruktur. Struktur auf Struktur, Schnitte, Collagen, Frottagen, Variationen meiner persönlichen Suche nach der kleinen Bauweise des Grossen.
Der Container, der am Anfang des Monats eine leere Hülle war, wird immer mehr mein eigener…
Dann erhalte ich plötzlich einen anderen Schlüssel, eine neue Perspektive in einem neuen,
dauerhaften Atelier.
Und ich spüre schnell: die Luft im Freibeet ist raus, die Zeit ist zu Ende.
Ich packe meine Siebensachen, staunend und froh darüber, was möglich war!
Was bleibt ist der sichtbar gewordene Dialog mit diesem Raum.
Ein letzter Tee. Stecker ziehen.

Danke Lattich.

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Bilder: Susann Toggenburger